Jahresrückblick 2020 – Ausblick 2021

26. Dezember 2020|Newsletter

0. Vorwort

Liebe Freundinnen und Freunde,

ein besonders schwieriges Jahr neigt sich dem Ende zu. Die globale Pandemie hat uns allen viel abverlangt und beeinträchtigt weiterhin massiv unseren Alltag. Auch unsere Vereinsarbeit im auslaufenden Jahr musste sich den neuen Bedingungen anpassen. Die erste Covid-Welle erwischte uns auf unserer März-Brigade in Andalusien. Eine strenge Ausgangssperre führte dazu, dass unsere Brigadeteilnehmer*innen knapp zwei Wochen im Gewerkschaftsbüro der SAT in Almeria ausharren mussten ohne Kontakt zu Arbeiter*innen, bevor wir die Brigade vorzeitig beendeten. Aufgrund der zweiten Welle konnten wir in der zweiten Jahreshälfte unsere übliche Septemberbrigade ebenfalls nicht durchführen.

Auch in Deutschland konnte eine Vielzahl von geplanten physischen Veranstaltungen nicht stattfinden und der Großteil unserer wöchentlichen Plena fand entweder unter freiem Himmel statt oder online über Jitsi-Videokonferenzen. Insgesamt versuchten wir jedoch das Beste aus der Gesamtsituation zu machen. Das entschleunigte Politikgeschehen führte dazu, dass wir sowohl im März intensive Strategiegespräche mit der SAT in Almeria führten und uns auch in Berlin auf die Stärkung unserer Strukturen konzentrieren konnten. Die Lebenslagen vieler unserer aktiven Vereinsmitglieder haben sich in jüngster Vergangenheit verändert. Viele stehen mittlerweile aktiv im Berufsleben und können nicht mehr die selbe Zeit für Projekte und Brigadearbeit aufwenden wie noch zu Unizeiten. Außerdem ist die inhaltliche Vielfalt der Themen, die wir als Verein bearbeiten, gestiegen. In der Vergangenheit wurden alle inhaltlichen, strategischen und auch bürokratischen Angelegenheiten auf unserem wöchentlichen Plenum diskutiert und entschieden. Jetzt wollen wir unsere Arbeit effizienter einteilen und haben mehrere AGen ins Leben gerufen.

Insofern blicken wir mit voller Zuversicht und gewohntem Interbrigadas-Elan in das Jahr 2021. Im Folgenden wollen wir die Gelegenheit nutzen, 2020 Revue passieren zu lassen und euch anzuteasern, was euch alles im kommenden Jahr erwarten könnte und erwarten wird.

1. Interbrigadas Strukturreform

Unsere Strukturdebatte begann mit einer detaillierten Analyse all unserer Tätigkeitsfelder, die in den vergangenen Jahren eine Rolle gespielt haben. Unter der Berücksichtigung unserer aktuellen Kapazitäten, räumlicher Distanzen von Vereinsmitgliedern und thematischen Interessenlagen, debattierten wir mögliche neue Formen der Zusammenarbeit. Vor allem die Arbeit in AGen wird in Zukunft eine ausschlaggebende Rolle spielen. Die inhaltliche Arbeit zu Andalusien wollen wir weiterführen und die Arbeit zu Kuba wieder aufnehmen. Die Projektbereiche Andalusien und Kuba treffen sich alle zwei Wochen Dienstags um 19 Uhr parallel zueinander. Außerdem haben wir drei AGen gegründet, die ebenfalls alle zwei Wochen versetzt zu den Spanien- und Kubatreffen tagen. In kleinerer Gruppenstärke koordinieren wir intensiver Teilaspekte unserer Arbeit – die neuen AGs:

1.) AG Öffentlichkeitsarbeit

2.) AG Schulung/interne Veranstaltungen

3.) AG Verwaltung/Finanzen

Darüber hinaus wird es ein Koordinierungstreffen geben, auf dem die inhaltliche als auch die strukturelle Vereinsarbeit verhandelt werden wird: unsere Asamblea General.

Wir befinden uns grade in einer Testphase, in der wir unsere neue Vereinsstruktur in der Praxis erproben und rechnen damit, dass wir uns zu Beginn des kommenden Jahres mit unserer neuen Struktur voll in neue Abenteuer stürzen können.

2. Arbeit in Andalusien

Wie bereits im Vorwort erwähnt konnten wir aufgrund der Pandemie unseren Brigaderythmus der vergangenen Jahre nicht aufrechterhalten. Nach wie vor gibt es einige neue Interessent*innen für Brigadearbeit in Almeria. Wir planen deshalb für März 2021 die nächste Brigade, wenn es uns die Covid-Situation erlaubt. Insgesamt stehen wir vor einer Debatte um den Arbeitsschwerpunkt künftiger Brigaden. Mögliche Arbeitsfelder sind zum einen die Fortführung der Unterstützung und Dokumentation von Arbeitskämpfen vor Ort und über kleine Kampagnen, so wie wir es auch schon in der Vergangenheit getan haben. Seit Mai diesen Jahres begleiten wir einen offenen Konflikt von circa 20 Arbeiter*innen eines großen Bio-Produzenten, die aufgrund ihres gewerkschaftlichen Engagements entlassen wurden (Siehe: Haciendas Bio).

Zum anderen gibt es einige Ideen für andere Arbeitsschwerpunkte, wie z.B. ein neuer Dokumentarfilm zu den Verschleierungstaktiken von Arbeitsrechtsverletzungen seitens großer Gemüseproduzenten und dessen Zertifizierung durch Unternehmen wie GlobalGAP, Demeter, Naturland etc., die Erstellung eines Dossiers, das speziell Produktionsverhältnisse im Bio-Sektor beleuchtet oder der Fokus auf Vernetzungsarbeit mit anderen Akteuren, z.B. den Olivenölkooperativen der SAT oder Landarbeiter*innengewerkschaften aus Marokko (FSNA) und Italien (USB).

3. Arbeit in Deutschland

3.1. Broschüre

Unser Highlight des Jahres 2020 war die Veröffentlichung unserer Broschüre „Vom Anfang und Ende der Lieferkette – Erfahrungen im Kampf gegen Agrobusiness und Supermarktmacht zwischen Almeria und Berlin“. Das erste Mal besuchten wir 2013 das Plastikmeer von Almeria. Seit 2017 realisieren wir unsere Vereinsziele durch den Austausch mit der SAT, der Begleitung ihres Kampfes für gerechte Arbeitsbedingungen in der andalusischen Landwirtschaft und ihren Projekten der solidarischen Ökonomie. In dieser Zeit haben wir viele Erfahrungen gesammelt, die wir das erste Mal zusammenhängend verschriftlicht haben. Die Broschüre ist mittlerweile online vollständig einsehbar unter:

Download: Broschüre – Vom Anfang und Ende der Lieferkette

Dank der Unterstützung unserer Schweizer Genoss*innen vom Europäischen Bürger*innenforum konnten wir in der ersten Auflage 500 Exemplare drucken. Mittlerweile sind fast alle vergriffen und wir diskutieren über eine aktualisierte zweite Auflage, die im Verlauf des kommenden Jahres erscheinen wird.

3.2. Wäscheleinen-Ausstellungen

Aufgrund der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie war es in diesem Jahr nicht möglich, in geschlossenen Räumen wie gewohnt Info- und Diskussionsveranstaltungen abzuhalten – und von Webinaren und Videokonferenzen hatten wir irgendwann auch genug. Aus der Not wurden wir erfinderisch: Mit einer Wäscheleine, 60 Wäscheklammern und 30 laminierten Fotos brachten wir unsere Arbeit in den öffentlichen Raum. Wir waren überrascht, wie einfach und gut unsere Freiluftausstellungen im Berliner Zeppelin- und Gleisdreieckpark funktionierten. Sowohl eingeladenes als auch Laufpublikum interessierte sich für unsere Arbeit. Ein Format, das wir sicher im kommenden Frühjahr wiederholen werden.

Ein paar fotografische Eindrücke findet ihr hier.

3.3. Vernetzungsarbeit in Deutschland

Da es in diesem Jahr kaum möglich war in Andalusien vor Ort zu arbeiten, richteten wir unseren Blick auf Vernetzungsbemühungen mit anderen Akteuren, die sich mit Arbeitsbedingungen und dem Aufbau von Druck entlang von Lieferketten auseinandersetzen. Besonderes Interesse haben wir an einem andauernden Austausch mit dem in Frankfurt am Main ansässigen TIE-Netzwerk, dass sich u.a. den Austausch von Arbeiter*innen entlang von Lieferketten einsetzt und zu Themen wie Weinanbau in Südafrika, der Textilindustrie in Bangladesch und Indien und Orangenanbau in Brasilien arbeitet. Durch den Austausch von Ideen erhoffen wir uns Anregungen für unsere eigene Arbeit. Auch mit dem Fachbereich Handel der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stehen wir in Kontakt, um die Möglichkeit auszuloten, Beschäftigte aus dem hiesigen Einzelhandel auf einer gewerkschaftlichen Austauschebene mit Beschäftigten aus Almeria zusammenzubringen.

3.4. Theorie und Praxis

Auf einem unserer Wochenendtagungen letztes Jahr haben wir beschlossen, einen Raum für theoretische Debatten, die mit unserer politischen Alltagspraxis verknüpft sind, zu schaffen. Wir identifizierten eine Reihe von Themengebieten, mit denen wir uns auf regelmäßigen Sitzungen auseinandersetzen wollten. Das erste Themengebiet mit dem wir uns befassten drehte sich um die Begriffsgeschichte und Aktualität des Klassenbegriffs und der Klassenanalyse. Im Rahmen unserer neugeründeten AG interne Schulung / interne Veranstaltungen wollen wir versuchen einen Raum für die Weiterführung unserer theoriegeleiteten Diskussion um unsere politische Praxis zu schaffen.

3.5. AG Kuba

Besonders freuen wir uns über die Wiederbelebung unserer Kuba-AG. Alle zwei Wochen wird sich die AG Kuba parallel zu unserer Andalusien-AG treffen – bis auf weiteres online. Die Kuba-AG befindet sich aktuell in einer Findungsphase, allgemeine politische Entwicklungen im Land sollen diskutiert werden und es gibt auch schon eine konkrete Projektidee für einen agroökologischen Hof im Ort Viñales, auf dem Früchte angebaut werden sollen und Seminare zur politischen Bildung geplant sind. Falls ihr Leute kennt, die Interesse haben sich an der Kuba-AG zu beteiligen, kontaktiert uns gerne unter: info@interbrigadas.org.

Wie jedes Jahr freuen wir uns auf all diejenigen, die vielleicht den ein oder anderen Groschen über haben, um uns finanziell bei unseren kommenden Projekten zu unterstützen.

Spenden könnt ihr an unsere Kontoverbindung:

Wir wünschen euch allen einen kämpferischen Start ins neue Jahr!

Euer Interbrigadas-Team

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