Venezolanische Gewerkschafter*innendelegation: Oktober 2014 – Erster Teil: Berlin / Salzgitter

29. November 2014|Projekte

Der Verein „aprender juntos – voneinander lernen e.V.“ organisierte vom 29.09. bis 21.10.2014 eine Rundreise venezolanischer GewerkschafterInnen durch Deutschland. Die GründerInnen des in Halle ansässigen Vereins, sind selbst gewerkschaftlich aktiv und planten die Tour zusammen mit der IG-Metall Halle-Dessau. Während der Vorbereitung wurden wir als Interbrigadas e.V. gefragt, ob wir venezolanische GewerkschafterInnen interessanter und umkämpfter Betriebe vorschlagen und ob jemand von uns als Übersetzer die Tour begleiten könnte. Wir unterstützten das Vorhaben natürlich sehr gern und kontaktierten Yasmin Chauran Aray aus dem verstaatlichten Aluminiumwerk VENALUM und Albert Cardozo Alarcon von der seit einem Jahr besetzten Fabrik „Calderys Refractarios“. Beide Betriebe befinden sich in Guayana, einer Stadt im Südosten Venezuelas, die das Zentrum der Schwerindustrie darstellt. Außerdem fragten wir die Genossen von der Scheibenfabrik VIVEX, mit denen wir 2012 schon einmal eine Gewerkschaftsrundreise durch Deutschland organisiert hatten (Link), ob sie jemanden schicken könnten. Die Belegschaft des unter Arbeiterkontrolle stehenden Betriebs stimmte darauf hin für David Contreras Mudarras als Delegierten für die drei Wochen dauernde Rundreise. David Wende von Interbrigadas begleitete die drei VenezolanerInnen als Übersetzer.

Die Tour umfasste neun Städte (Berlin, Salzgitter, Hannover, Göttingen, Bielefeld, Marburg, Frankfurt, Eisenach und Halle). Bei Abendveranstaltungen berichteten die VenezolanerInnen über ihre Fabriken und Erfahrungen der Selbstverwaltung und nahmen selber an Vorträgen teil, über hiesige Gewerkschaftsstrukturen und die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegungen, welche von der IG-Metall und dem DGB organisiert wurden. In Halle beteiligten sich Yasmin, Albert und David abschließend an einer Venezuela-Konferenz.
Parallel dazu gab es sieben Fabrikbesichtigungen und Gespräche mit den dortigen Betriebsräten. Die Produktion der Betriebe umfasste dabei die Schwerindustrie (Stahlproduktion – Salzgitter Stahl AG; Kupferproduktion – MKM), die weiterverarbeitende Industrie (Drahtzieherei – WDI Rothenburg; Aluminiumverpackungen – Novelis; Schaltanlagenbau – Siemens; Autoteileproduktion – Bosch) sowie den Maschinenbau (Werkzeugmaschinen – Gildemeister).

Ankunft in Berlin

Am 29. September kam unsere Gäste in Berlin Tegel an und wir holten sie zusammen mit den IG-MetallerInnen des Vereins aprender juntos ab. Am nächsten Morgen begann schon das sehr straff organisierte Programm und wir unternahmen eine politische Stadttour durch Berlin. Dabei wurde vor allem Wert auf größere Zusammenhänge der deutschen Geschichte gelegt. Die Tour umfasste Eckdaten angefangen bei Friedrich dem II., der Reichsgründung 1871 und den Sozialistengesetzen, über die Spaltung der Arbeiterbewegung im ersten Weltkrieg und der verlorenen Novemberrevolution, bis hin zum Aufstieg des Faschismus, dem zweiten Weltkrieg und der Teilung Deutschlands. Gerade der gescheiterte Sozialismusversuch der DDR führte zu einem immer währenden Gesprächsbedarf für unsere Gäste auf der Tour.

Salzgitter

Am 1. Oktober fuhren wir los zu unserer ersten Station der Reise: die Schwerindustriestadt Salzgitter. Ivonne Moeller und Nico von der IG-Metall wechselten sich beim Fahren ab. Am Abend trafen wir dort den IG-Metall-Bevollmächtigten für Salzgitter der uns herzlichst begrüßte und den VenezolanerInnen Bücher über die Gewerkschaftskämpfe der Region schenkte.
Am Morgen darauf besuchten wir die Salzgitter Flachstahl AG, das größte Stahlwerk Deutschlands. Dort führten uns der Betriebsrat Horst Keller und der IG-Metall-Vertrauenskörperleiter Andy Köppe durch das Gelände und erzählten uns über die Geschichte des Betriebs, die relativ weitgehende Mitbestimmung der Betriebsräte durch die Montanunion und ihre aktuelle Kampagne gegen Rassismus.

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