Brigade Argelia Laya (Teil 3) – Rundreise im Bundesstaat Lara: Besuch der Käsekooperative „Saroche Guaidi“ und des Freizeitparks „Francisco Tamayo“
Im Anschluss an unseren Aufenthalt in Guanare ist ein Teil unserer Brigade weiter in den Bundesstaat Lara gefahren. Wir besuchten zu Beginn die ländlich geprägte Kleinstadt Rio Tocuyo in dessen Nähe sich die Käsekooperative der Oberschule „Saroche Guaidi“ befindet. Zusammen mit dem Englischlehrer Jesús Rojas fuhren wir zur Schule und gestalteten die Außenfassade des Gebäudes, in dem Ziegenkäse von den Schüler_innen hergestellt wird und eine weitere Fassade einer Schule in Rio Tocuyo. Die Erlöse aus dem Verkauf des Ziegenkäses gehen in den Erwerb von Schulmaterialien (siehe unten Spendenaufruf).
Leider konnten wir den Schüler_innen nicht bei ihrer Arbeit zuschauen, da unser Besuch in die Schulferien fiel. Mit den Spendengeldern, die wir
in Deutschland gesammelt haben, kauften wir eine Klimaanlage, die von den Lehrer_innen im Käsehaus installiert wurde. Die Lehrer_innen der Schule berichteten uns von ihrer Idee ein Grundstück neben der Schule zu erwerben, um einen kleinen integralen Bauernhof zu eröffnen, in dem vor allem Ziegenmilch auf kontinuierlicher Basis gewonnen werden soll. Wir wollen die Schule längerfristig unterstützen und halten euch über die Entwicklungen im ländlichen „Sarache Guaidi“ auf dem Laufenden.
Nach unserem Besuch in Rio Tocuyo fuhren wir in die Hauptstadt des Bundesstaates Lara, Barquisimeto. Während unseres zweiwöchigen Besuchs kamen wir in dem „Palacio del Jugete“ (Jugend-Kulturhaus) in dem Freizeitpark „Francisco Tamayo“ unter. Der 90 Hektar große Park wurde nach den Plänen des bekannten venezolanischen Architekten Fruto Vivas erbaut und Anfang der 90er Jahre eröffnet. Von 2011 bis 2013 war der Park jedoch geschlossen. Korruptionsfälle im Verwaltungsapparat bedingten die mangelnde Instandhaltung des Parks. Ein Teil des Parks wurde illegal bebaut und der verbliebene zugewucherte Teil wurde zum Treffpunkt von Drogendealern.
Im vergangenen Jahr besetzte ein Bündnis aus Nachbarschaftsinitiativen und sozialen Bewegungen den Park. In einer Vielzahl von freiwilligen Arbeitseinsätzen wurde der Park wieder hergerichtet und auf das Drängen des Bündnis wurde der Direktor des Parks ausgetauscht. Heute ist der Freizeitpark wieder ein beliebter Treffpunkt für Familien, Sporttreibende, Jugendliche und Kinder. Die politische Gruppe „Coordinadora Simon Bolivar“, die ein Teil des Bündnis ist, gründete ein Unternehmen zur Instandhaltung des Parks und füllen darüber hinaus das im Park ansässige Jugendkulturzentrum mit Leben. Über zwei Wochen hatten wir die Möglichkeit uns ein Bild von der Arbeit in dem Freizeitpark zu machen und planen nun für das kommende Jahr den „Parque Francisco Tamayo“ zum Anlaufpunkt für unsere Brigaden zu machen.
Während unserer Zeit in Lara besuchten wir ebenfalls die Landwirtschaftskooperative „Fundo Zamorano Carmelo Mendoza“. Wir machen uns ein Bild zur aktuellen Lage der Kooperativen-Bewegung in Venezuela. Der „Fundo Zamorano Carmelo Mendoza“ ist eine von 87 Landwirtschaftskooperativen in Venezuela, die zwischen 2005 und 2012 durch Landenteignungen ins Leben gerufen wurden. Die Mitglieder der Kooperative „Carmelo Mendoza“ sind die ehemaligen Landarbeiter_innen eines Großgrundbesitzers, der in ganz Venezuela mehrere Hundert Hektar Land besitzt. Die Arbeiter_Innen berichteten uns von den prekären Arbeitsbedingungen vor der Besetzung. Löhne wurden nur in unregelmäßigen Abständen gezahlt oder in Form von Naturalien ausgegeben, Kranken- und Sozialleistungen gab es kaum und ein Betreten der Ländereien außerhalb der Arbeitszeiten war verboten.
2007 starb der Großgrundbesitzer im fortgeschrittenen Alter und die Arbeiter_innen entschlossen sich das Land zu besetzen, um es in Eigenregie zu bewirtschaften. Nach einer schwierigen Phase, die durch massive Repression Seitens bezahlter Krimineller gekennzeichnet war, wurde das Land über ein Präsidialdekret enteignet und der neugegründeten Kooperative übergeben. Heute entscheidet die Hauptversammlung der Kooperative darüber was produziert wird, unter welchen Bedingungen und wie die Erlöse verteilt werden. Die wöchentliche Versammlung besteht aus der ganzen Gemeinde, die das Land bewohnt. Die zentralen Schwierigkeiten des „Fundo Zamorano“ bestehen hauptsächlich in der hohen Volatilität der Erzeugerpreise auf den lokalen Märkten und in der Schwierigkeit an subventioniertes Saatgut und Düngemittel zu gelangen, die zur Zeit in Venezuela knapp sind. Wir solidarisieren uns mit den Bestrebungen von Landarbeiter_innen ihre Geschicke in die eigene Hand zu nehmen, kritisieren jedoch die makro-ökonomischen Bedingungen unter denen die venezolanische Landwirtschaft leidet, die versucht menschenwürdige und nachhaltige Produktionsverhältnisse zu schaffen.
Im Verlauf unseres Aufenthalts begleiteten wir ebenfalls eine Reihe von städtebaulichen Projekten, die im Stadtzentrum Barquisimetos realisiert werden. Im Rahmen des „Plan Ciudad Barquisimeto“ planen und bauen soziale Bewegungen und Nachbarschaftsräte „Consejo Comunales“, Wohnungen, einen Skatepark und eine Bibliothek. Das Besondere an der Durchführung der Planungs- und Baumaßnahmen ist, dass keine private Unternehmen beteiligt werden, wie im Vergleich zu vielen staatlichen Bauprojekten und trotzdem die Kosten vergleichsweise niedrig sind. In naher Zukunft werden wir weiter über den „Plan Ciudad“ in Barquisimeto berichten.