Veranstaltung Internationalismus Konferenz i21: Frieden in Kolumbien?
Auf unserer ersten Veranstaltung der Internationalismus-Woche vor unserer großen Konferenz war das zentrale Thema der nun fast 70 Jahre währende Bürgerkrieg in Kolumbien. Organisiert wurde der Vortrag von Marcha Patriótica. Uns wurde sogleich in Erinnerung gerufen, wie angespannt die Lage in Kolumbien trotz Friedensverhandlungen weiterhin ist, denn neben dem in Deutschland lebenden Kolumbianer Dr. Alberto Pinzón erwarteten wir eigentlich noch den Aktivist Andrés Gil aus Kolumbien. Andrés wurde jedoch von den kolumbianischen Sicherheitsbehörden festgehalten, um seine Teilnahme zu verunmöglichen. Die Anwesenden…
…verurteilten diese Schikane aufs Schärfste und verlasen eine Protestnote der deutschen Sektion von Marcha Patriótica.
Dr. Pinzón machte in seinen Ausführungen auch darauf aufmerksam, dass die Ursachen für den Gewaltausbruch 1948 in der Violencia heute noch immer vorlägen. Der letzte Zensus 2014 habe gezeigt, dass das „Agrarproblem“, d.h. die miserable Lage der rund 10 Millionen Bauern in Kolumbien, noch immer nicht gelöst sei: Die Verelendungsrate der Bauern liege bei 65 Prozent, 83 Prozent von ihnen arbeiteten ohne Maschinen und 89 Prozent hätten keinen Zugang zu Krediten. Im Bezug auf die Friedensverhandlungen äußerte Dr. Pinzón große Hoffnung auf einen demokratischen Weg und bekräftigte, ohne die USA sei in Kolumbien kein Frieden zu machen. Es scheine ein ernsthaftes Interesse der USA zu geben, den Frieden in Kolumbien zu erreichen.
In der anschließenden Fragerunde wurden Zweifel an dieser Hoffnung laut: Wer wird das entstehende Machtvakuum in den Regionen besetzen, die hauptsächlich von der FARC dominiert werden, wenn die Guerilla ihre Waffen abgibt? Ist der kolumbianische Staat überhaupt stark genug und interessiert daran, sich dort gegen die Interessen der Großgrundbesitzer, Drogenproduzenten und multinationalen Konzerne durchzusetzen? Welche Interessen verfolgen die USA bei ihrer Beteiligung am Friedensprozess? Ohne die Überwindung der sozialen und politischen Ungerechtigkeit in Kolumbien und die Kritik an deren Verursachern und Profiteuren sei laut Meinung vieler Anwesender kein dauerhafter Frieden erreichbar. Im Bezug auf die internationale Solidarität waren sich abschließend alle Teilnehmenden einig, dass wir Räume für den Austausch und die Solidarität mit dem Friedensprozess und darüber hinaus schaffen müssen.