Landwirtschaft, Ausbeutung und Widerstand im Plastikmeer von Almería

19. September 2013|Brigaden

Vom 12.-30. August diesen Jahres fuhren wir als 6-Köpfige Brigade zum ersten Mal in das spanische Andalusien. Die erste Woche dieser Reise hielten wir uns dabei in der Provinz Almería auf. Die Region ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel für Strandtouristen aus aller Welt, sondern beherbergt auch die größte globale Konzentration an landwirtschaftlicher Intensivkultur. Über 350 Quadratkilometer werden in Almería und den umliegenden Ortschaften bewirtschaftet. Der Anbau besteht zum größten Teil aus Tomaten und darüber hinaus hauptsächlich aus Gurken, Paprika und Wassermelonen. Die Anbaumenge reicht aus, um jeden Europäer pro Jahr mit 10 Kilogramm Gemüse zu versorgen. Aufgrund der enormen Dichte an weißen Gewächshäusern, wird die Gegend auch als „mar del plástico“ (dt.: „Plastikmeer“) bezeichnet. Auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der meisten Menschen in Almería sind von der exessiven Landbewirtschaftung geprägt. Schätzungsweise sind hier über 100 000 Menschen in diesem Sektor tätig. Mehr als zwei Drittel der Arbeiter besitzt einen Migrationshintergrund und ca. 20-40 Tausend von diesen haben keinen regulären Aufenthaltsstaus. Der überwiegende Teil der migrantischen Arbeiter kommt aus Marokko. Den Arbeitern steht eigentlich ein Mindestlohn von 44,40 Euro pro Tag zu, allerdings erhalten sie oftmals nur zwischen 20 und 35 Euro. Zumeist gibt es keine festen Arbeitsverträge und oftmals kommt es dazu, dass Löhne über Monate hinweg nicht ausgezahlt werden. Viele der Arbeiter können sich keine Wohnungen leisten und sind genötigt in selbstgebauten Hütten („chabolas“) zu leben. Die unwürdigen sozialen Umstände in der Provinz Almería sind auch ein Nährboden für regelmäßige rassistische Übergriffe. Im Jahr 2000 erlangte die Stadt El Ejido kurze internationale Aufmerksamkeit. Nachdem ein psychisch kranker Marokkaner damals eine junge Spanierin ermordet hatte, machte ein Mob von tausenden mit Eisenstangen bewaffneten Spanier drei Tage lang Jagd auf die Immigranten. Das Problem des Rassismus besteht heutzutage fort. Auch 13 Jahre nach den Überfällen kommt es regelmäßig zu rassistischen Attacken und Morden an Migranten.

Das organisierte Vorgehen gegen die beschriebenen Verhältnisse ist oft mühsam und problematisch, da die Arbeiter zum einen auf eine Beschäftigung angewiesen sind und zum anderen viele von ihnen Gefahr laufen abgeschoben zu werden, wenn sie sich öffentlich zur Wehr setzten. Die Landarbeitergewerkschaft „Sindicato de Obreros del Campo“ (SOC) hat es sich zur Aufgabe gemacht in diese Not einzugreifen. Sie ist eine der wenigen Gewerkschaften in Spanien, die sich auch für die Rechte von Migranten einsetzt. Die Mitarbeiter der SOC in Almería informierten uns während unseres Aufenthaltes über die sozialen Umstände in der Region und machten uns mit den momentanen Schwerpunkten ihrer Arbeit vertraut. Außerdem überlegten wir gemeinsam, wie wir ihnen als Verein dabei in Zukunft zur Seite stehen könnten. Eine erste Idee war es während verschiedener Messen in Berlin die Produktionsbedingungen in Almería zu thematisieren und speziell einzelne konkrete Fälle darzustellen und die involvierten Unternehmen zu denunzieren. Weitere Überlegungen zielen in die Richtung Brigaden nach Almería zu senden, um dort zusammen mit einigen jungen Leuten aus der SOC, die politische Jugendarbeit in Almería zu fördern.

Die folgenden Fotos und Bildunterschriften geben einen Überblick über diesen Teil unserer Reise. Der Youtube-Link verweist auf eine sehenswerte Arte-Kurzdoku über die Landwirtschaftsbedingungen und die Arbeit der SOC in Almería.

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