Abschlussbericht der Kubabrigade „Rosa Pastora Leclere“ – Frühling 2023

29. Mai 2023|Allgemein

Wir wollen euch wieder zusammenfassend von unserer diesjährigen Frühlingsbrigade berichten. Wir hoffen, ihr konntet unserer Arbeit bereits über unsere Videos und Berichte auf Instagram folgen.
Die Brigade haben wir diesmal nach „Rosa Pastora Leclere“ benannt, einer kubanischen Internationalistin:
In den 20er Jahren hat sie als Lehrerin in ihrer Freizeit die Kinder von Arbeiter- und Bäuerinnen unterrichtet sowie Zuckerarbeiterinnen alphabetisiert. Sie wurde dann in der revolutionären Studierendenbewegung in Kuba aktiv, wofür sie eingesperrt wurde. Schließlich landete sie im Spanischen Bürgerkrieg, wo sie auf Seiten der Republik eine Schule für Weißsenkinder des Krieges leitete. Nach dem Sieg Francos schafft sie es, Weißsenkinder nach Frankreich zu schleusen. Sie gelangt über Umwege nach Mexiko, arbeitet dort als Pädagogin und organisiert sich ab 1942 wieder in Kuba in der LehrerInnengewerkschaft. Nach dem Triumph der Kubanischen Revolution wirkt sie an der Alphabetisierungskampagne mit.
In diesem Bericht geben wir euch zunächst wieder eine aktuelle Einschätzung zur Lage in Kuba und dann berichten wir über verschiedene Aspekte unserer Arbeit mit dazugehörigen Bildergalerien.

Einschätzung der Lage in Kuba

Im Vergleich zum Sommer 2022 wurde die Stromversorgung in Kuba stabilisiert. Zu Beginn der Brigade gab fast gar keine Ausfälle im Westen des Landes. Am Ende (Zeitraum April) kam es jedoch wieder häufiger zu Stromabschaltungen, die in ihrer Intensität leider auch wieder zunahmen. Hilfe diesbezüglich hat Kuba in den letzten Monaten von der Türkei bekommen, welche mittlerweile 5 Kraftwerksschiffe nach Kuba entsandt hat, die in den Häfen von Mariel und Havanna liegen und insgesamt 250 Megawatt zum Netz beitragen.
Die Lebensmittelversorgung ist weiterhin schwierig, zumal im Vergleich zur Vorpandemie-Versorgung. Viele Produkte sind schwer erhältlich oder nur zu hohen Preisen. Ausschlaggebend ist die Inflation, welche im Wechselspiel mit dem noch nicht erholten Tourismus auf hohem Niveau bleibt und sich aus dem allgemeinen Devisenmangel ergibt, der zu einer Verzahnung verschiedenster Probleme führt. Eine genauere Analyse, die wir euch empfehlen, findet ihr auf dem Blog „Cubaheute“ von Marcel Kunzmann [https://cubaheute.de/2023/05/24/von-butter-bis-zement-die-krise-in-zahlen/ ].
Durch diese anhaltende Krise und die damit einhergehende ökonomische Verschlechterung für große Teile der Bevölkerung, ist es zur größten Migrationswelle in der neueren Geschichte Kubas gekommen. Nahezu jede hundertste KubanerIn hat das Land seit Beginn der Krise verlassen. Vor allem dringend benötigte Fachkräfte emigrieren, was weitere Nachteile für die ökonomische Lage der Insel hat. Es gibt jedoch auch junge Menschen, die dieser Lage trotzen und sich bewusst für ein Verbleiben im Land entscheiden. Unter anderem soll es nun auch um solche Gruppen und unsere Arbeit mit ihnen gehen.

Beginn der Brigade-Vorbereitungen

Die Ankunft der Brigadistinnen in Havanna erfolgte an unterschiedlichen Tagen. Wir haben die Wartezeit genutzt, um Havanna politisch zu erkunden und eine Bauernkooperative zu besuchen [Instagram-Brigadevorbereitung], an der ein Genosse aus Deutschland mitwirkt. Sie befindet sich im Außenbezirk „10 de Octubre“. Dort pflanzten wir neue und in Kuba nicht sehr verbreitete Baumarten wie Granatapfel, Mangostan oder den Cola-Baum, sowie einen Lebendzaun aus Kakteen. Für den Anbau von Maracuya wurde ein Bambusgerüst errichtet. Schließlich haben wir neu dazugewonnenes Land von Plastikmüll befreit. Nach dem Arbeitseinsatz gab es immer wieder spontane Diskussionen mit den Mitgliedern der Kooperative über die Situation im Land, die neuen Wirtschaftsmaßnahmen, dem Auftauchen von Kleinunternehmen und den landwirtschaftlichen und anderen Herausforderungen.
Angekommen in Viñales hat sich die Brigade zunächst organisatorischen Aufgaben gewidmet. Die Arbeitsteilung wurde abgesprochen, um Care- und Reproduktionsarbeiten gerecht zu verteilt. Die letzten Sturmschäden wurden beseitigt. Sofort einbringen konnten wir uns im vielfältigen Sport und Kulturangebot, da die neuen Räumlichkeiten des Projektes „Ventana al Valle“ von der Gemeinde mehr denn je genutzt werden.
Dank unserer Unterstützer*innen konnten wir verschiedene Sportmaterialien (Springseile, Boxsäcke, Boxhandschuhe, etc.) und Fahrradwerkzeug mitbringen sowie Baumaterialien für die Unterkunft kaufen.

 

Workshops

Das wöchentliche Kultur- und Sportangebot vom Projekt haben wir sowohl physisch als auch mit gespendeten Sportmaterialien unterstützt. Einige Brigadistinnen haben aus eigener Initiative Workshops angeboten. Vor allem haben wir uns aber dem festgelegten Programm vom Projekt angeschlossen und aktiv teilgenommen. Unter der Woche fanden unter anderem Salsa-Unterricht, Yogakurse, Zumba, Pound, Cardio mit Boxelementen und Fahrradreparaturen statt. Diese ganzen Workshops sind für die Gemeinde natürlich kostenlos. Für den Zugang zum Fitnessstudio, wo sich die Geräte befinden, wird eine monatliche Beitrag von 200 kubanische Pesos pro Person genommen (umgerechnet etwas mehr als ein Euro). Damit kann sich das Projekt einigermaßen auch selbst finanzieren. Die Workshops finden auch außerhalb der Brigadezeiten statt, je nach Kapazität und dem Einbringung der Menschen vor Ort. Der Raum wird nun auch von staatlichen Institutionen genutzt, wie dem Sportministerium (INDER) für Seniorensport, Sportunterricht oder der Bildungsinstitution für die Vorschule [Instagram-Workshops].

Weitere Bebauung und Bepflanzung des Permakultur-Grundstücks

Der Sturm „Ian“, der im September 2022 über den Westen Cubas fegte, verschonte auch das Permakultur-Grundstück nicht. Viele Bananensträucher, Kaffeepflanzen und einige neue Bäume haben die starken Winde nicht überlebt. Unsere Hauptaufgabe für diese Brigade war es, das Grundstück von den umgefallenen Baumstämmen zu befreien und neue Obstsorten zu pflanzen. Trotz des Sturms und der extremen Trockenheit, die das Land in den letzten Monaten durchlitt, haben aber viele unserer jungen Bäume überlebt. Für die nun einsetzende Regenzeit, haben wir uns ein Gräbensystem erdacht, damit das Regenwasser nicht gleich nach dem Gefälle abfließt und die Humusschicht abträgt, sondern versickern kann.
Mithilfe von einer Gruppe junger Kubanerinnen aus Havanna, die für ein paar Tage zu Besuch waren, hielten wir einen großen Arbeitseinsatz ab. So konnten wir Wege mit Steinplatten auslegen und dutzende neue Bäume pflanzen. Darunter seltene Sorten wie Zimt und Granatapfel und geläufige wie Mango, Acovado und Kokosnuss [Instagram-Permakultur-Grundstück, Instagram-Permakultur-Grundstück-2].

 

Politischer Austausch

Gleich zu Beginn besuchte uns die Humanitäre Cuba Hilfe (HCH), eine Soligruppe aus Deutschland. Die HCH leistet Unterstützungsarbeit im medizinischen Bereich und hat seit 2014 über 100 Container nach Cuba gesendet. Ihre Delegation wollte nun unsere Arbeit vor Ort kennenlernen. Wir haben uns mit ihnen zusammen ausgetauscht und im Projekt, an zwei Stellen wo Bäume beim Sturm herausgerissen wurden, neue gepflanzt. Schließlich konnten wir auch gemeinsam unsere erste Noche de Barrio diesen Jahres feiern.
Die linke kubanische Gruppe „Nuestra América“, hat uns nun zum dritten Mal im Projekt besucht. Da wir unsere beider Arbeit schon besser kennen, haben wir als Unterstützung Büromaterial für sie mitgebracht. Flipshartpapier, Marker und Notizhefte können von ihnen jetzt für die Politikschulungen genutzt werden, die sie drei mal im Jahr anbieten. Nuestra America wird wahrscheinlich bald ein eigenes Büro und Schulungsräume in Havanna haben. Dieses neue Lokal konnten wir auch schon besuchen und wir finden ihre Ideen sehr anregend.
In Viñales wurden wir auch vom „Zentrum für Psychologische und Soziologische Forschungen” besucht (Spanisch CIPS: Centro de investigacionen psicológicas y sociológicas-). 14 Mitglieder ließen uns mit einem Workshop in ihre Arbeit blicken. Die Teams vom CIPS setzten sich aus Studierenden unterschiedlicher Disziplinen zusammen und gehen in marginalisierte Gemeinden, um Selbstorganisierungsprozesse zu fördern. Sie versuchen so eine Verbesserung und Verankerung der staatlichen Infrastruktur und Dienstleistungen zu erreichen. Oft ergeben sich aus den Erfahrungen ihrer Arbeit auch neue politische Vorschläge, die in Anti-Rassismus- oder Anti-Machismus-Kampagnen der Regierung eingeflossen sind oder auch in das neue Familiengesetz, das in einem Volksentscheid angenommen wurde und u.a. die Gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht. Auch abseits des Workshops entstanden lebhafte Diskussionen und Gespräche. Während des Einsatzes auf dem Permakultur-Grundstück kam es zu diversen Debatten und wir bekamen so einen tieferen Einblick in die Gesellschaft Cubas.

 

Bauarbeiten

Unsere Brigadeunterkunft befindet sich nun in der letzten Bauphase. In dieser Brigade konnten wir die Wände streichen, sowie Lichter und Steckdosen fertig installieren. Das Bad wurde gefliest und die Audiokabine fertig gebaut. Auf dem Dach der Unterkunft konnte eine Pergola errichtet werden; ein Gerüst aus Kiefernholz, auf dem die Kletterpflanze Maracuja wachsen wird. So haben wir auf dem Dach nun eine neuen Fläche mit Schatten, wo man sich versammeln kann, die Unterkunft heizt sich weniger auf und das Projekt trägt noch mehr Früchte.
Mit den Mitgliedern der Gemeinde, haben wir einen Sportwettbewerb organisiert, zu dem diese Blumen mitbringen sollten. Zusammen haben wir dann neue Wege im Projekt angelegt und die Blumen eingepflanzt.
Alle Arbeiten waren abhängig von der Material-Situation in Cuba. Der Engpass lag wieder beim Zement, wodurch die Bauarbeiten verzögert wurden. Für die nächste Brigade steht nun die Möblierung der Räume an und dann kann die Unterkunft bewohnt werden.

 

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